NAMEN ERINNERN


In Erinnerung an die jüdischen Familien im Burgenland

Die Gleichgültigkeit ist so furchtbar in ihren Folgen,
so mörderisch wie die furchtbarste Gewalt.

Manès Sperber: Wie eine Träne im Ozean

 

Im Jahr 1938, der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich, lebten im Bundesland Burgenland etwa 3.900 Personen jüdischer Herkunft. In 165 Gemeinden, verteilt über alle 7 Bezirke des Burgenlandes, hatten sie bis zur Vertreibung und Ermordung ihre Heimat und ihre Lebensinteressen.

Das Erinnerungsprojekt „NAMEN ERINNERN“ recherchierte und benennt die Namen jener Familien jüdischer Herkunft, die 1938 im Burgenland lebten, wohnten, ihrer Arbeit nachgingen, die Freizeit verbrachten, einen Sommersitz eingerichtet hatten, oder auch Grundstücke, Weingärten oder anderes Grundeigentum besaßen. Es waren Menschen die im Burgenland ein Lebensinteresse hatten, das jedoch durch die NationalsozialistInnen, ihre MitläuferInnen und letztlich durch Duldung und Wegschauen der MitwisserInnen zerstört wurde.

Seit dem 13. Jahrhundert können jüdische Familien auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes namentlich nachgewiesen werden. Ab dem 2. Drittel des 17. Jahrhunderts, nach der Vertreibung aus Wien, Niederösterreich und Oberösterreich durch Kaiser Leopold I., fanden jüdische Familien Zuflucht in Westungarn, dem heutigen Burgenland. Unter dem Schutz der Magnatenfamilie Esterházy konnten sie in den sogenannten „Sieben Gemeinden“ von Kittsee, Frauenkirchen, Eisenstadt, Mattersburg, Kobersdorf, Lackenbach und Deutschkreutz ein jüdisches Gemeindeleben führen. Im Südburgenland konnte sich jüdisches Leben auf der Grundherrschaft der ungarischen Adeligenfamilie Batthyány in Stadtschlaining, Rechnitz und Güssing entwickeln. Die seit 1868 bestehende Filialgemeinde Oberwart wurde im Jahr 1930 als unabhängig anerkannt. Synagogen, Bethäuser, Schulen, Friedhöfe, Badehäuser – Einrichtungen die ein jüdisches Leben erfordern – entstanden in diesen Gemeinden. Weitaus weniger in den Erinnerungen und Erzählungen der Menschen im Burgenland geblieben ist, dass auch in vielen kleinen Gemeinden des Burgenlandes jüdische Familien lebten.

Mit der Verfolgung, Vertreibung und der Ermordung der jüdischen Familien während der NS-Zeit, wurde die Jahrhunderte alte Kultur, Traditionen und Geschichte der Juden und Jüdinnen des Burgenlandes binnen kurzer Zeit ausgelöscht. Gegen die Gleichgültigkeit und mancherorts Unliebsamkeit gleichsam mahnend, finden sich im Burgenland noch heute bauliche Reste dieser einst lebendigen jüdischen Kultur. Spuren der jüdischen Familien bleiben, von bekannten Persönlichkeiten abgesehen, fast ausschließlich nur in Erinnerungen und Erzählungen der älteren Generation im Burgenland, und in den Familiengeschichten der noch lebenden Vertriebenen und deren Nachfahren erhalten.

Die Namen der vertriebenen und ermordeten Familien dem kollektiven Gedächtnis und den Erinnerungen wieder zurückgeben, ist die Maxime dieser Webseite. Denn mit dem Verschweigen und Vergessen, wird man zum stillschweigenden Werkzeug dessen, was der Nationalsozialismus sich zum Ziel gesetzt hatte: die vollständige Vernichtung und Auslöschung jüdischen Lebens, und auch der Erinnerung daran

Wenn Sie von Namen jüdischer Familien in Ihrer Gemeinde wissen und diese auf dieser Internetseite eintragen lassen wollen, können Sie gerne mit uns Kontakt aufnehmen: mpoffice@memoryprojects.at

 

Als Quellen für die Namensliste dienten (Stand: 2009)
„Arisierungsakten“ im Burgenländischen Landesarchiv
Brettl, Herbert: Die jüdische Gemeinde von Frauenkirchen. Halbturn 2003.
DÖW Online Datenbank: https://www.doew.at/personensuche
Hausensteiner, Erwin J.: Die ehemalige jüdische Gemeinde Kobersdorf. o.O. [Kobersdorf] o.J. [2008]. Eigenverlag.
Hörz, Peter F.N.: Jüdische Kultur im Burgenland. Historische Fragmente, volkskundliche Analyse. (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Ethnologie der Universität Wien, Band 26). Wien 2005.
Lang, Alfred/Tobler, Barbara/Tschögl, Gert (Hg.): Vertrieben. Erinnerungen burgenländischer Juden und Jüdinnen. Wien 2004.
Mindler, Ursula: "Ich hätte viel zu erzählen, aber dazu sage ich nichts..." - Oberwart 1938. Oberwart 2008.
Rothstein, Berth: Der „Béla von Güssing“ erzählt seine 70-jährige Lebensgeschichte (1918-1988). Frankfurt am Main 1988.
Yad Vashem Online-Datenbank: https://yvng.yadvashem.org/

 

Weitere Informationsquellen:
Eine Online-Datenbank mit den jüdischen Opfern der Shoah aus dem Burgenland findet sich unter:
http://www.forschungsgesellschaft.at/opferdatenbank

 

Text